Stoßwellentherapie: Grundlagen, Anwendungsgebiete und Wirksamkeit

Ein umfassender Überblick über die Methode und ihre Einsatzmöglichkeiten

Einleitung

Die Stoßwellentherapie ist eine innovative medizinische Behandlungsmethode, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Ursprünglich aus der Urologie zur Zertrümmerung von Nierensteinen entwickelt, wird sie heute in vielen medizinischen Bereichen, insbesondere der Orthopädie, der Schmerztherapie und der Rehabilitation, eingesetzt. Die Methode ist für ihren nicht-invasiven Charakter, ihre vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten und ihre vergleichsweise geringe Nebenwirkungsrate bekannt.

Grundprinzip der Stoßwellentherapie

Stoßwellen sind akustische Schallwellen mit hoher Energie, die gezielt auf bestimmte Körperregionen gelenkt werden. Im Gegensatz zu Ultraschallwellen sind Stoßwellen durch ihre sehr kurze Anstiegszeit und ihre hohe Amplitude charakterisiert. Diese physikalischen Eigenschaften ermöglichen es, dass die Energie der Stoßwelle tief ins Gewebe eindringt und dort biologische Prozesse anregt. Unterschieden wird zwischen der fokussierten und der radialen Stoßwellentherapie:

  • Fokussierte Stoßwellentherapie (fESWT): Hierbei werden die Stoßwellen punktgenau auf ein Zielgewebe konzentriert und erreichen eine größere Eindringtiefe. Dadurch können auch tiefer liegende Strukturen behandelt werden.
  • Radiale Stoßwellentherapie (rESWT): Die Stoßwellen breiten sich hier mehr flächig aus und sind besonders zur Behandlung oberflächlicher Strukturen geeignet.

Technische Durchführung

Die Behandlung erfolgt meist ambulant. Zunächst wird die betroffene Körperstelle lokalisiert, oft mit Hilfe von Ultraschall oder Tastuntersuchung. Anschließend wird ein Kontaktgel aufgetragen, um eine optimale Übertragung der Schallwellen zu gewährleisten. Über einen Applikator werden die Stoßwellen in einer bestimmten Anzahl und Intensität in das Gewebe geleitet. Eine Behandlung dauert in der Regel 5 bis 15 Minuten und wird je nach Indikation mehrfach wiederholt, meist im Abstand von einer Woche.

Anwendungsgebiete

Die Stoßwellentherapie kommt heute in vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz. Besonders häufig wird sie bei chronischen und therapieresistenten Beschwerden eingesetzt, bei denen andere konservative Methoden versagt haben.

Orthopädie und Traumatologie

  • Fersensporn (Plantarfasziitis): Eine der häufigsten Anwendungen. Die Stoßwellen führen zu einer Schmerzlinderung und unterstützen die Regeneration des Gewebes.
  • Tennis- und Golferellenbogen (Epicondylitis humeri): Auch hier erzielen Stoßwellen oftmals eine deutliche Besserung der Beschwerden.
  • Schulterschmerzen (Kalkschulter, Tendinitis): Die Stoßwellen helfen, Kalkdepots aufzulösen und Entzündungsprozesse zu hemmen.
  • Pseudarthrosen (Falschgelenke): Durch die Stimulation der Knochenheilung kann eine Operation häufig vermieden werden.
  • Achillodynie (Schmerzen der Achillessehne): Insbesondere bei chronischen Reizzuständen wird die Stoßwellentherapie erfolgreich eingesetzt.
  • Patellaspitzensyndrom (Jumper’s Knee): Besonders bei sportlich aktiven Personen zeigt die Methode gute Erfolge.

Weitere Anwendungsfelder

Stoßwellen kommen auch in anderen medizinischen Disziplinen zum Einsatz:

  • Urologie: Zertrümmerung von Nieren- und Harnleitersteinen (Lithotripsie).
  • Dermatologie: Behandlung von schlecht heilenden Wunden, Narben und Cellulite.
  • Kardiologie (experimentell): Förderung der Durchblutung im Herzmuskelgewebe bei chronischer Ischämie.
  • Veterinärmedizin: Anwendung bei Pferden und Hunden zur Behandlung von Sehnen- und Knochenerkrankungen.

Wirkmechanismen

Die genaue Wirkweise der Stoßwellentherapie ist noch nicht in allen Details geklärt. Es existieren jedoch verschiedene Theorien und wissenschaftliche Erklärungsmodelle:

  • Zelluläre Stimulation: Stoßwellen regen die Aktivität von Fibroblasten und Stammzellen an und fördern so die Geweberegeneration und Heilung.
  • Mikrozirkulationsverbesserung: Die Durchblutung wird gesteigert, was zu einer besseren Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen führt.
  • Auflösung von Kalzifikationen: Verkalkte Ablagerungen können durch die mechanische Wirkung der Stoßwellen aufgelöst und abtransportiert werden.
  • Schmerzlinderung: Vermutlich werden durch die Stoßwellen schmerzleitende Nervenfasern beeinflusst und die Ausschüttung schmerzlindernder Botenstoffe (Endorphine) gefördert.

Wirksamkeit und Studienlage

Die Wirksamkeit der Stoßwellentherapie ist für viele Indikationen mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt. Besonders bei der Behandlung von Fersensporn, Tennisarm und Kalkschulter existieren klare wissenschaftliche Nachweise für eine deutliche Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung. Auch bei Pseudarthrosen und chronischen Sehnenbeschwerden zeigen sich vielversprechende Ergebnisse. Dennoch bleibt festzuhalten, dass nicht alle Patient*innen gleich gut ansprechen und der Behandlungserfolg individuell unterschiedlich sein kann.

Vorteile

  • Minimal-invasiv, keine Operation erforderlich
  • Ambulant durchführbar
  • Kaum Nebenwirkungen
  • Schnelle Wiederaufnahme der Alltagsaktivitäten möglich

Nebenwirkungen und Risiken

Die Stoßwellentherapie gilt als sehr sicher. Gelegentlich treten Rötungen, Schwellungen, Blutergüsse oder leichte Schmerzen an der behandelten Stelle auf, die in der Regel rasch wieder abklingen. Sehr selten kann es zu Gewebeverletzungen oder Nervenirritationen kommen. Absolute Kontraindikationen sind Tumoren im Behandlungsgebiet, akute Infektionen, Gerinnungsstörungen sowie eine Schwangerschaft.

Ablauf einer Behandlungssitzung

Vor Beginn der Therapie erfolgt eine ausführliche Anamnese und Diagnosestellung. Die genaue Lokalisation des Schmerzpunktes ist entscheidend für den Behandlungserfolg. Mithilfe eines speziellen Applikators werden die Stoßwellen mit individuell angepasster Intensität in das Gewebe eingebracht. Die Behandlung dauert meist wenige Minuten und kann je nach Beschwerdebild mehrmals (meist 3–5 Sitzungen) wiederholt werden.

Kosten und Erstattung

Die Kosten für eine Stoßwellentherapie variieren je nach Indikation, Region und behandelnder Einrichtung. In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nur in bestimmten Fällen, zum Beispiel bei Fersensporn. Für andere Indikationen handelt es sich meist um eine Selbstzahlerleistung. Es empfiehlt sich, vor Behandlungsbeginn die genauen Konditionen mit der behandelnden Praxis oder der Krankenversicherung abzuklären.

Fazit

Die Stoßwellentherapie ist eine moderne, wirksame und weitgehend nebenwirkungsarme Methode in der Behandlung chronischer Schmerzen und degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparates. Sie bietet Patient*innen, bei denen andere konservative Therapien nicht zum Ziel geführt haben, eine vielversprechende Alternative zur Operation. Dennoch sollte die Therapie stets individuell angepasst und von erfahrenem Fachpersonal durchgeführt werden, um optimale Behandlungserfolge zu erzielen. Die stetige Weiterentwicklung der Technik und die zunehmende wissenschaftliche Evidenz versprechen auch für die Zukunft einen wichtigen Platz der Stoßwellentherapie in der modernen Medizin.


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