Arthroskopische Tenotomie und Tenodese der langen Bizepssehne

Indikationen, Ablauf und Nachbehandlung

Einleitung

Die lange Bizepssehne (LBS) spielt eine zentrale Rolle in der Biomechanik des Schultergelenks und ist häufig Auslöser von Schulterschmerzen. Pathologien an der LBS können zu erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen und Schmerzen führen, weshalb bei Versagen konservativer Therapieansätze operative Maßnahmen wie die arthroskopische Tenotomie oder Tenodese indiziert sein können. In diesem Dokument werden die Grundlagen, Indikationen, Operationsverfahren sowie die Nachbehandlung dieser beiden Eingriffe ausführlich dargestellt.

Anatomie und Funktion der langen Bizepssehne

Die Bizepssehne besteht aus zwei Anteilen: dem langen und dem kurzen Kopf. Die lange Bizepssehne entspringt am Tuberculum supraglenoidale der Scapula, zieht durch das Schultergelenk und verläuft durch die Bizepssehnenrinne (Sulcus intertubercularis) des Humerus. Sie ist beteiligt an der Flexion und Supination des Unterarms und stabilisiert das Schultergelenk.

Pathologien der langen Bizepssehne

Häufige Krankheitsbilder

  • Degenerative Veränderungen
  • Entzündliche Reizungen (Tendinitis)
  • Teil- oder Komplettrupturen
  • Instabilitäten oder Luxationen
  • SLAP-Läsionen (superior labrum anterior to posterior)

Diese Veränderungen treten häufig im mittleren und höheren Lebensalter auf oder als Folge chronischer Überlastung, beispielsweise bei Überkopfsportarten.

Indikationen für eine Operation

Eine Operation wird in Erwägung gezogen, wenn konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, Injektionen oder Schonung nicht zum Erfolg führen. Typische Indikationen sind:

  • Therapieresistente Schmerzen durch Tendinitis oder Teilrupturen
  • Mechanische Blockaden oder „Schnappen“ der Sehne
  • Funktionseinschränkung durch Instabilität oder Luxation der Sehne
  • Begleitende Rotatorenmanschettenrisse

Arthroskopische Tenotomie der langen Bizepssehne

Definition

Die Tenotomie bezeichnet die vollständige Durchtrennung der langen Bizepssehne am Ansatz im Schultergelenk.

Operationstechnik

  • Der Eingriff erfolgt minimal-invasiv arthroskopisch mit kleinen Schnitten und Kamerasystem.
  • Nach Darstellung der Sehne im Schultergelenk wird diese mit speziellen Instrumenten am Ansatz durchtrennt.
  • Eventuell wird eine Glättung des Sehnenstumpfs oder der Bizepssehnenrinne vorgenommen, um mechanische Irritationen zu verhindern.

Vorteile und Nachteile

  • Vorteile: Kurzer Eingriff, geringe Komplikationsrate, rasche Schmerzlinderung.
  • Nachteile: Optisch kann ein „Popeye“-Phänomen auftreten (Verlagerung des Muskelbauchs nach distal), selten Kraftverlust bei Unterarmflexion.

Arthroskopische Tenodese der langen Bizepssehne

Definition

Bei der Tenodese wird die lange Bizepssehne aus ihrem Ansatz gelöst und an anderer Stelle – meist in der Bizepssehnenrinne – wieder am Knochen fixiert.

Operationstechnik

  • Arthroskopische Darstellung der langen Bizepssehne
  • Ablösung der Sehne am Ursprung
  • Präparation des neuen Ansatzpunktes (meist subpektoral oder im Sulcus intertubercularis)
  • Fixierung der Sehne mittels Nahtankern, Interferenzschrauben oder Fadenankern

Vorteile und Nachteile

  • Vorteile: Geringere Wahrscheinlichkeit des „Popeye“-Zeichens, Erhalt der Muskel- und Sehnenfunktion, besonders bei jungen, sportlich aktiven Personen.
  • Nachteile: Technisch anspruchsvoller, höhere Operationsdauer, selten Komplikationen wie Nachblutungen oder Infektionen.

Vergleich Tenotomie vs. Tenodese

  • Die Tenotomie ist einfacher und schneller, eignet sich besonders für ältere oder weniger aktive Personen.
  • Die Tenodese wird bevorzugt bei jüngeren, aktiven Patient*innen und bei kosmetischem Anspruch.
  • Beide Verfahren führen zu einer guten Schmerzlinderung, Unterschiede bestehen vor allem in kosmetischen und funktionellen Aspekten.

Nachbehandlung und Rehabilitation

Nach Tenotomie

  • Kurze Ruhigstellung (Armschlinge für wenige Tage)
  • Frühe passive und aktive Bewegungsübungen
  • Vollbelastung nach ca. 2–4 Wochen möglich
  • Physiotherapie zur Wiederherstellung von Beweglichkeit und Kraft

Nach Tenodese

  • In der Regel längere Ruhigstellung (Armschlinge für 2–4 Wochen)
  • Schrittweiser Belastungsaufbau unter physiotherapeutischer Anleitung
  • Sportliche Aktivitäten nach etwa 3 Monaten
  • Regelmäßige Nachkontrollen zur Überprüfung der Sehnenheilung

Erfolgsaussichten und Risiken

Beide Verfahren weisen eine hohe Erfolgsquote bezüglich Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung auf. Mögliche Komplikationen sind Nachblutungen, Infektionen, Verknöcherungen (Ossifikationen) oder selten eine erneute Sehnenruptur.

Fazit

Die arthroskopische Tenotomie und Tenodese der langen Bizepssehne sind bewährte Verfahren zur Behandlung therapieresistenter Pathologien der LBS. Die Wahl der Methode richtet sich nach Patient*innenalter, Aktivitätsniveau und kosmetischem Anspruch. Durch eine individuell abgestimmte Nachbehandlung kann in den meisten Fällen eine weitgehende Wiederherstellung der Schulterfunktion erreicht werden.


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